Der Senior-Check – Warum eine jährliche Untersuchung so wichtig ist

Dass Kessy nicht mehr die Jüngste war, wusste ihr Halter Roland K. natürlich. War die Golden Retriever-Hündin früher unermüdlich am Fahrrad mitgelaufen, zwang sie ihr Herrchen jetzt regelmäßig zu kurzen Runden im gemächlichen Tempo. Dennoch mochte er nicht realisieren, dass seine elfjährige Fellnase vielleicht gesundheitliche Probleme hatte. Erst Freunde bescherten ihm einen unangenehmen Weckruf. „Kessy sieht nicht gut aus“, warnten sie Roland K. beim Besuch in seinem Haus, „und hast du nicht bemerkt, dass sie viel trinkt?“

Zum Glück nahm der Hundehalter die Warnung ernst und machte mit Kessy einen Termin zur Untersuchung. Diese ergab: Die Nieren der Hündin arbeiteten nur noch zu einem Drittel – der Grund für ihren starken Durst. Das Blutbild zeigte überdies bereits eine nierenbedingte Anämie. Kein Wunder, dass Kessy schnell ermüdete. Nicht mehr lange, und die Hündin wäre verloren gewesen.

Auch Familie M. hing sehr an Border Collie-Mix Tom. Natürlich bemerkten sie, dass er ruhiger geworden war, er schlief viel und vermied Bewegungen. Aber das hielten sie für normal, immerhin hatte er seinen 13. Geburtstag hinter sich. Bei ihnen war es die Tochter, die in den Semesterferien heimkehrte und seine Unlust korrekt identifizierte – als Alarmzeichen. Die Diagnose des Tierarztes: Schmerzen durch Spondylosen an der Lendenwirbelsäule. Tom wurde vorübergehend mit Schmerzmitteln versorgt und präsentierte sich, als wäre er dem fabelhaften Jungbrunnen entstiegen.

Viele Hundehalter schütteln bei solchen Geschichten ungläubig den Kopf. Derartige Auffälligkeiten beim eigenen Hund, die kann man doch nicht übersehen? Da wäre ich doch schon längst beim Therapeuten gewesen!?!

Doch in der Realität stellen sich altersbedingte Veränderungen oft sehr schleichend ein. In winzigen Schritten, über große Zeiträume, kaum sichtbar. Und Hunde arrangieren sich mit körperlichen Problemen sehr gut. Das liegt in ihrer Natur – ein Rudelmitglied möchte keine Schwäche zeigen. Das kann den Platz in der Rangordnung kosten, im schlimmsten Fall sogar zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Dann lieber die Zähne zusammenbeißen.

So kommt es, dass chronische Schmerzen vom Hund nur sehr subtil gezeigt werden. Unerfahrene Tierbesitzer können die Zeichen tatsächlich sehr lange übersehen. Das ist ein wichtiger Grund für einen regelmäßigen Seniorcheck beim Tierarzt oder Tierheilpraktiker. Ein weiteres Argument für Vorsorgeuntersuchungen: Organschwächen wie die schon fortgeschrittene Niereninsuffizienz von Goldie Kelly können diagnostiziert werden, bevor sie ernsthaften Schaden verursachen.

„Der ist eben alt“, lautet die gängige Erklärung, wenn ein Hund jenseits der Lebensmitte Verhaltensveränderungen zeigt. Aber mit „Der ist eben alt“ und „Gegen das Alter ist kein Kraut gewachsen“ darf man sich nicht herausreden. Damit wird möglicherweise ein Leiden des Vierbeiners ignoriert, wo Hilfe möglich wäre. Vielleicht lässt man mit einem Schulterzucken zu, dass das Tier Schmerzen ertragen muss, die vermeidbar wären.

Natürlich geht jeder verantwortungsvolle Hundebesitzer zum Tierarzt, wenn sein haariger Liebling Probleme hat. Besser gesagt: Wenn er eine Gesundheitsstörung seines Vierbeiners wahrnimmt. Denn viele typische Alterserkrankungen entwickeln sich latent. Der Durst durch die Nierenschwäche ist nicht plötzlich riesengroß, erst nach und nach trinkt der Hund immer ein bisschen mehr. Dass der Seniorhund viel mehr liegt als früher und irgendwann nicht einmal zur Begrüßung mehr aufsteht – das ist doch ganz normal? Wir laufen ja auch mit 70 keinen Marathon mehr?

Körperliche und geistige Leistungseinschränkungen mit zunehmendem Lebensalter sind wie bei Menschen tatsächlich auch bei Haustieren ganz natürlich. Und das macht es so schwierig, die Grenze zu erkennen zwischen Altersschwäche und Erkrankung. Für Laien ist das teilweise sogar unmöglich. Manche Hunde zeigen ein nur wenig verändertes Gangbild – aber wenn das ursächliche Problem mit einer geeigneten Therapie behoben wird, können Folgeerkrankungen damit für lange Zeit verhindert werden. Andere Tiere nehmen einfach zu und werden immer fauler und verfressener – welcher Hundehalter weiß schon, dass möglicherweise die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Hormone produziert und dass dadurch eine ganze Reihe von lebenswichtigen Stoffwechselprozessen aus dem Gleichgewicht gerät?

Im Grunde möchte jeder Hundebesitzer Leid von seinem Tier fernhalten und wünscht sich ein langes gemeinsames Leben. Prophylaxe-Untersuchungen sind ein einfaches und wirkungsvolles Mittel, beides zu erreichen. Zu empfehlen ist der Seniorcheck ab Beginn der voraussichtlichen zweiten Lebenshälfte einmal jährlich. Im letzten Lebensdrittel sollte man sogar alle sechs Monate zur Untersuchung gehen.

Diese Komponenten gehören zum geriatrischen Gesundheitscheck:

  • Anamnese, also Befragung des Halters, wie sich das Tier im Alltag bezüglich Hunger, Durst, Lebens- und Bewegungsfreude verhält und ob es Veränderungen gibt
  • Beurteilung des Hundes in Bewegung
  • Palpation (Abtasten) des Körpers, besonders bei Auffälligkeiten in der Bewegung
  • Auskultation (Abhören) von Herz und Lunge, Pulsmessung
  • Temperaturmessung
  • Untersuchung von Zähnen und Zahnfleisch
  • Untersuchung der Ohren und Augen
  • Blutanalyse: Großes Blutbild, Nieren- und der Leberwerte, Bauchspeicheldrüsen- und Schilddrüsenfunktion
  • Urinuntersuchung
  • Bei Auffälligkeiten von Blut und Urin können weitere Werte nachgefordert werden.

 

Regelmäßige Vorsorge-Untersuchungen bieten die Chance, frühzeitig Probleme festzustellen. Diese Diagnose ist die Voraussetzung dafür, mit der richtigen Therapie die Beschwerden zu lindern. Wie es auch bei Kessy und Tom geschah. Um Tom vor organschädigenden Nebenwirkungen durch Langzeitgaben der Schmerzmittel zu schützen, wichen wir auf eine Therapiekombination aus Akupunktur, Physiotherapie und entzündungshemmenden Kräutern aus. Er wurde fast 16 Jahre alt und genoss bis zum Schluss Spaziergänge im Wald.

Kessys Nierenschädigung war leider schon weit fortgeschritten. Dennoch konnten wir ihren Zustand stabilisieren, die Anämie lindern und so ihre Lebensqualität deutlich erhöhen. Das erreichten wir mit einer konsequenten Ernährungsumstellung, mit Unterstützung aus der Homöopathie und aus der Kräuterheilkunde.

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