Futterwechsel bei Juckreiz – warum das selten die Lösung ist

„Da musst du barfen!“ – gern und oft vernommener Rat unter Hundehaltern, wenn ein Hund Juckreiz zeigt. Die Biologische Artgerechte Roh-Fütterung, kurz BARF, hat einen großen Fanclub und wird gerne als die Lösung aller Gesundheitsprobleme unserer lieben Vierbeiner angebracht. Man muss bei diesem Thema aber – was bei einem Hype nicht einfach ist – auf dem Teppich bleiben.

Barfen kann eine sehr gesunde Fütterungsform sein, wenn man es richtig macht. Dabei reicht es aber nicht, dem Hund ein Pfund rohes Fleisch hinzuwerfen. Damit wäre sein Bedarf an Vitaminen, Mineralien und Nährstoffen nicht gedeckt und er würde Mangelerscheinungen bekommen. Diese könnten unterschiedliche Gesundheitsstörungen auslösen, die sich in mehr oder weniger klaren Symptomen zeigen – vielleicht sogar mit Fellproblemen und Juckreiz.

Es empfiehlt sich daher, den Nährstoffbedarf und die geeignete Fütterung durch einen versierten Berater berechnen zu lassen. Denn wenn diese Art der Hundeernährung korrekt umgesetzt wird, ist das für den Hund nicht das Schlechteste. Die Fütterung ist artgerecht und naturnah, kommt ohne künstliche Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel aus und kann sehr individuell an die Bedürfnisse angepasst werden. Somit kann man durch Barfen tatsächlich vielen Krankheiten vorbeugen – vielleicht sogar einer Allergie. Dass aber bei einer manifestierten Überreaktion des Immunsystems die Symptome eines Allergikers einfach so mit einer Umstellung auf Rohfütterung verschwinden, das ist eher selten.

Ein anderer beliebter Ratschlag ist „Nimm mal anderes Futter“. Merke: Der Wechsel von einem Fertigfutter zu irgendeinem anderen Industriefutter wird die Problematik möglicherweise verschlimmern. Eine Verbesserung ist jedenfalls nicht zu erwarten. Auf jeden Fall verschwendet man mit dem ziellosen Herumprobieren Zeit, was bedeutet, dass der Hund sich länger mit Juckreiz quälen muss, bis eine ernsthafte Therapie ihm hilft.

Und hier noch der dritte bombensichere Tipp vom diensthabenden Küchenmediziner: „Du musst ohne Getreide füttern. Jeder weiß doch, dass die meisten Allergien vom Getreide kommen!“ Nein, das muss niemand wissen, weil es nämlich Blödsinn ist. Futterallergien richten sich gegen Proteine, und die meisten Proteine sind im Fleisch enthalten. Die häufigsten Allergene sind Rinder- und Hühnerprotein. Warum? Weil das die am meisten verarbeiteten Futterinhaltsstoffe sind. Natürlich gibt es auch allergische Reaktionen auf Gemüse und Getreide– aber trotz der Modewelle „getreidefreie Hundefütterung“ gibt es leider nicht weniger Allergiker.

Futterwechsel gegen Juckreiz – in welchen Fällen ist das denn eine erfolgsversprechende Idee? Fangen wir von vorne an. Zunächst ist eine wichtige Frage zu klären: Ist die Ursache für den Juckreiz tatsächlich eine Allergie? Die Vermutung ist immer schnell geäußert, doch es kommen viele andere Möglichkeiten in Betracht. Anhaltender Juckreiz ist immer ein Fall für einen Therapeutenbesuch. Und hier wie bei allen anderen Krankheitssymptomen gibt es bei der Reihenfolge keine Flexibilität: Erst kommt die Diagnose, dann die Therapie – und wenn nötig der Futterwechsel.

Nehmen wir jetzt an, dass dem Juckreiz wirklich eine Allergie zugrunde liegt. Kann die Ernährungsumstellung da helfen?

Allergien gibt es nicht nur gegen Futter, sondern auch gegen Umweltallergene wie Pollen, Schimmelpilzsporen oder Milben. Beim Menschen äußert sich das als Heuschnupfen oder allergisches Asthma, beim Hund nennt man das eine Atopie oder atopische Dermatose. Der Hund niest aufgrund einer Allergie nur selten. Bei ihm erzeugt das fehlfunktionierende Immunsystem Juckreiz. Neben der Umweltallergie gibt es noch die Flohbiss- und die Kontaktallergie, etwa auf Metalle (Futternapf, Halsband-Schließe) oder Waschmittel (Hundedecke). Kontaktallergien sind nicht so häufig beim Hund, wohl aber die Atopie und die Reaktion auf Flohbisse. Hauptsymptom all dieser unterschiedlichen Allergieformen ist der Juckreiz.

Um festzustellen, auf welche Stoffe der Hund allergisch reagiert, empfiehlt sich eine Blutuntersuchung. Im großen Screening ermittelt das Labor, ob Antikörper gegen Umweltallergene und gegen Futtermittel bestehen. Die Futtermittel werden gleich klassifiziert; Das Ergebnis zeigt dann zum Beispiel, dass der Hund auf Huhn, Ente, Fisch oder Erbsen reagiert. Werden Gräser oder Pollen als Schuldige ermittelt, kann man die Klassifizierung nachfordern. Dann bekommt man schwarz auf weiß die Liste, welche Pollen oder Milben das Immunsystem als feindliche Invasoren eingeordnet hat. Leider kann man Umweltallergenen nur selten aus dem Weg gehen, weswegen hier regulierende Therapieformen angezeigt sind. Mit der Art der Ernährung hat das nur sekundär zu tun.

Weiß der Hundehalter aber, welche Nahrungsbestandteile sein vierbeiniger Liebling nicht verträgt, kann er diese gezielt weglassen. Jetzt ist ein Futterwechsel nicht nur sinnvoll, sondern sogar die Therapie der Wahl. Und hier kann das Barfen eine sinnvolle Lösung sein – denn bei selbst zusammengestellten Futterrationen weiß man ohne Zweifel, welche Inhaltsstoffe im Hund landen.

Allerdings sind die Blutanalyse-Ergebnisse nicht zu hundert Prozent verlässlich, weswegen man sicherheitshalber eine Ausschlussdiät durchziehen sollte. Mit dieser und der daran anschließenden Provokationsdiät findet man nach und nach heraus, was der Hund ohne böse Folgen fressen darf. Das Procedere erscheint zunächst umständlich und ja, es ist zeitaufwändig. Aber ich kenne nur wenige Fälle, wo die Besitzer anschließend enttäuscht waren. Der Aufwand lohnt sich also. Mit Medikamenten ist nämlich der Futterallergie kaum beizukommen. Und weil die meisten Allergien nicht geheilt werden können, lernt man besser früh, damit zu leben.

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