Hunde und die Pandemie

Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, Kurzarbeit, Homeoffice, keine Urlaubsreisen, geschlossene Schulen usw. – unser Leben hat sich seit dem Beginn der Coronapandemie vor gut einem Jahr deutlich verändert. Man ist auf das heimische Umfeld beschränkt und hat oft mehr Zeit übrig als vorher im „normalen“ Leben. Die Freizeitgestaltung verändert sich, Spazierengehen ist der neue Trend. All das hat offenbar bewirkt, dass viele Menschen sich jetzt einen Hund zulegen möchten. Egal ob verantwortungsvoller Züchter, Tierheim, Vermehrer oder illegaler Welpenhandel – die Nachfrage boomt und der Vierbeiner soll möglichst sofort zu haben sein. Einige Tierheime hatten sogar Anfragen, ob man einen Hund eine Zeit lang mieten könnte. Da fragt man sich allerdings schon, ob so jemand irgendeine Ahnung von den Bedürfnissen eines Hundes hat.

 

Keine unüberlegte Anschaffung!

Die Vorstellung, seine Freizeit jetzt mit einem Hund zu verbringen, ist verlockend. Spaziergänge machen mit einem Vierbeiner mehr Spaß, die Zeit zuhause wird mit einem vierbeinigen Hausgenossen kurzweiliger. Auch die Vorteile hinsichtlich Ausgangsbeschränkungen und Ausgangssperren mögen für den einen oder anderen ein Grund für die Anschaffung sein, denn mit Hund darf man bekanntlich aus Gründen des Tierwohls jederzeit hinaus.

Das klingt zunächst alles sehr positiv, fast idyllisch. Doch der Eindruck kann trügen, wenn man sich vorher nicht ausgiebig darüber informiert hat, was ein Hund braucht. Er braucht nicht nur Spaziergänge, sondern muss auch betreut, sinnvoll beschäftigt und erzogen werden. Ein Spielzeug für die Kinder ist er auch nicht.

Zudem ist eine Berufstätigkeit im Homeoffice keine freie Zeit, die Kinder müssen beschäftigt werden und sich auf das Lernen konzentrieren. Frönt der Welpe während des wichtigen, digitalen Meetings seinem Entdeckungsdrang und bearbeitet Tischbeine oder die teuren Schuhe, sind Ärger und Stress vorprogrammiert. Schläft er in den ersten Wochen nicht durch, sind Schlafmangel und Unkonzentriertheit auch im Homeoffice nicht wirklich förderlich.

 

Nach der Pandemie

Die Pandemie bleibt hoffentlich kein Dauerzustand. Daher kann man sicher sein, dass die Lebenserwartung eines Hundes erheblich höher ist als die Dauer der Pandemie. Eines Tages sind Kurzarbeit und Homeoffice Geschichte und die Kinder wieder in der Schule. Auch Urlaubsreisen, nach denen pandemiegefrustete Zweibeiner schon lechzen, stehen dann wieder auf dem Programm. Der Nachholbedarf dürfte groß sein. Doch der Vierbeiner ist dann immer noch da und braucht sein Zuhause und seine Menschen.

Auch geht es nicht, Ihn von heute auf morgen jeden Tag 5 Stunden allein zu lassen. Dafür braucht es ein planvolles Schritt-für-Schritt-Training. Bevor der Hund nicht mindestens ein halbes Jahr alt ist, kann man ihm so langes Warten allein nicht zumuten. Noch längeres Alleinbleiben entspricht seinen Bedürfnissen gar nicht. Deshalb ist die Haltung eines Vierbeiners bei voller Berufstätigkeit nicht möglich.  Außer er könnte mit ins Büro oder würde anderweitig betreut. Doch auch an das Leben als Bürohund muss der Vierbeiner erst allmählich gewöhnt werden.

 

Wichtige Vorüberlegungen

Überlegen Sie unabhängig von der Pandemiesituation, ob ein Hund auch in Ihrem „normalen“ Leben Platz hat. Er braucht tägliche Zuwendung und Beschäftigung. Die Erziehung zum alltagstauglichen Begleiter erfordert Zeit, gezieltes Üben und die Beschäftigung damit, wie Hunde lernen usw. Die Welpenzeit ist zudem anstrengend. Man muss den Kleinen stets im Auge behalten, wenn ihn seine Neugier im Haus auf Entdeckungsreise treibt. Zudem „müssen“ Welpen oft. Besonders im Winter ist es da weniger prickelnd, wenn das Hundekind bei winterlichen Temperaturen und ebensolchen Witterungsverhältnissen draußen sein „Geschäft“ machen soll – tagsüber, wie in der ersten Zeit oft auch nachts.

Außerdem gilt es zu bedenken, welcher Hund am besten zu Ihrem Leben passt. Jede Rasse hat ihre spezifischen Eigenschaften. Tierheimhunde jenseits des Welpenalters und mit unbekannter oder ungünstiger Vorgeschichte sind nicht für jeden geeignet.

Woher kommt der Hund?

Wer wegen der Pandemie einen Hund möchte, möchte ihn oft möglichst sofort. Zurzeit gibt es aber eine so starke Nachfrage, dass es offenbar wirklich schwierig ist, einen zu bekommen. Sollten Sie nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss kommen, dass ein Vierbeiner auch jenseits der Pandemie die richtige Wahl ist, kaufen Sie nicht irgendwo. Nie bei Händlern, die ihre meist viel zu jungen Billigwelpen aus dem Kofferraum verhökern. So werden „Hundefabriken“ unterstützt, in denen Hündinnen unter üblen  Haltungsbedingungen nur Gebärmaschinen sind.

Suchen Sie einen Züchter, der nur wenige Hunde hat, diese nicht im Zwinger hält und nicht Würfe am laufenden Band aufzieht. Die Mutterhündin der Welpen müssen Sie sehen können.

Ein seriöser Züchter kann Ihnen Gesundheitsuntersuchungen seiner Hunde zeigen. Er wird Ihnen auch nicht einfach gleich einen Welpen mitgeben. Sondern zuerst die ganze Familie kennenlernen wollen, um sich ein Bild zu machen. Wer einen Tierheimhund möchte, sollte sich Zeit nehmen bei der Auswahl und eventuell jemanden mitnehmen, der sich gut mit Hunden auskennt. Man tut einem Vierbeiner keinen Gefallen, wenn man ihn mitnimmt, weil er nett aussieht, ihn aber wegen Problemen nach ein paar Wochen wieder zurückbringt.

 

Der beste Zeitpunkt

Wenn Sie sich nicht nur wegen der Pandemie einen Vierbeiner ins Haus holen möchten, kann es besser sein, damit bis ins Frühjahr oder bis zum Sommer zu warten. Das macht Vieles einfacher und die Chancen, den Hund zu finden, der zu einem am besten passt, sind deutlich größer. Die Zeit der Pandemie lässt sich dann gut dazu nützen, sich umfassend zu informieren und Kontakte zu entsprechenden Züchtern oder Tierheimen zu knüpfen.

 

Das Leben ist nicht planbar und es kann sich immer etwas Gravierendes ändern. Aber sich in jetzigen Zeiten unüberlegt einen Hund zuzulegen, der nach der Pandemie plötzlich im Weg ist und dann womöglich im Tierheim landet, sollte man dem Vierbeiner zuliebe unbedingt vermeiden.

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