Ignorieren – wann und wie?

Das Ignorieren des Vierbeiners ist im Zusammenhang mit der Hundeerziehung immer wieder Thema.

Doch was bedeutet das eigentlich genau, wann ist es überhaupt sinnvoll und wo nicht? Nur wenn man sich dieser Punkte bewusst ist, lässt sich Ignorieren wirksam einsetzen.

 

Was es bedeutet und welchen Zweck es hat

Im zwischenmenschlichen Bereich hat Ignorieren einen negativen Beigeschmack und man assoziiert damit etwas in Richtung „beleidigt sein“. Das ist beim Hund nicht so. Hier bedeutet es, dem Vierbeiner völlig neutral einfach keinerlei Beachtung zu schenken und nicht auf sein Verhalten zu reagieren. Keine Beachtung heißt, nichts zu ihm zu sagen, ihn nicht anzufassen und – ganz wichtig – ihn auch nicht anzuschauen. Letzteres fällt oft am schwersten, weil ein Blickkontakt schnell passiert ist.

Sinn und Zweck des Ignorierens ist es, ein störendes Verhalten des Vierbeiners zu beeinflussen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass dem Hund ein solches Verhalten dauerhaft nichts bringt. Er darf damit also keinen mehr Erfolg haben. Das gibt schon mal einen Hinweis darauf, wann Ignorieren sinnvoll ist.

Ignorieren ist, richtig eingesetzt, keine Strafe für den Vierbeiner und unter Hunden häufig. Zum Beispiel dann, wenn ein Youngster einen erwachsenen Hund nervt, in dem er auf ihm herumhüpft und der aber seine Ruhe habe will. Gelassene Hunde lassen das oft über sich ergehen und ignorieren den Kleinen dabei komplett. Toben auf dem Großen macht so bald keinen Spaß mehr, weil der nicht mitmacht und so trollt sich der Jungspund wieder.

 

 

Wo hilft Ignorieren?

Damit das Nichtbeachten wirkt, muss es umgekehrt so sein, dass der Hund andernfalls einen Vorteil hätte. Also dass er durch die Aufmerksamkeit des Menschen etwas erreicht. Das ist der wichtigste Aspekt beim Ignorieren – es bringt nur dort etwas, bei denen der Vierbeiner die Aufmerksamkeit seines Menschen will oder braucht, um sein Ziel zu erreichen. Selbst ein kurzer Blick ist dabei schon Aufmerksamkeit genug, ebenso ein „Hör auf“ oder Ähnliches!

Ein typisches Beispiel ist das Anspringen. Hunde springen ihren Menschen aus verschiedenen Gründen an. Etwa weil sie sich freuen, weil ihnen langweilig ist oder auch um den Zweibeiner anzurempeln, an die Mahlzeit zu erinnern oder zum Spiel zu animieren. Egal was der Grund ist – sie möchten und brauchen stets die Aufmerksamkeit des Menschen, um etwas zu erreichen.

Ignorieren würde hier bedeuten Arme verschränken, wegdrehen und so stehen bleiben, bis der Hund nicht mehr springt. Sobald er einige Momente damit aufhört, kann man in die Hocke gehen und ihn unten begrüßen, wenn alle Viere auf dem Boden sind. Spielen können Sie zu einem anderen Zeitpunkt mit ihm, in dem Sie den Hund ihrerseits auffordern, wenn er sich ruhig verhält oder wenn er etwa sein Spielzeug bringt und Sie nicht anspringt. Bei Langeweile und Anrempeln bleibt es beim Ignorieren. Hört der Hund auf zu springen, gehen Sie einfach wieder Ihren Dingen nach.

Er merkt nun, dass Anspringen nicht hilft und wird es mit der Zeit lassen.

 

Ein anderes Beispiel: Der Vierbeiner steht jammernd oder an ihr kratzend an der Terrassentüre, weil er mal nachschauen möchte, ob der Igel oder die Nachbarskatze gerade im Garten unterwegs sind. Wenn Sie nun beharrlich einfach sitzen bleiben und weiterlesen, lernt der Hund, dass sein Getue nichts bringt. Für „entspanntes Ignorieren“ empfiehlt es sich, bei Bedarf die Türe kratzfest zu präparieren. Möchten Sie den Hund in den Garten lassen, machen Sie das dann, wenn er es nicht einfordert.

 

Ein weiteres Beispiel: Zur Fütterungszeit bellt Ihr Vierbeiner Sie an, um Sie zu erinnern. Auch hier hilft konsequentes Ignorieren. Gefüttert wird erst, wenn er sich beruhig hat und frühestens nach mehreren Minuten Ruhe.

Das sind nur ein paar Beispiele dieser Art von vielen, die es im Zusammenleben mit dem Hund geben kann und bei denen Ignorieren hilft.

Wie schnell Ignorieren wirkt und das Verhalten verschwindet, hängt davon ab, wie oft und lange der Vierbeiner schon Erfolg damit hatte und welcher Typ er ist. Je länger ein Verhalten besteht, umso länger dauert es, es zu ändern. Ein willensstarker Hund wird außerdem länger noch probieren, auf herkömmlichem Weg etwas zu erreichen als ein „weicherer“ Vierbeiner. Wichtig ist, dass man durchhält, auch wenn es länger dauert. Denn wer aufgibt, „sagt“ damit seinem Hund: Wenn du dich nur lange genug anstrengst, erreichst du dein Ziel. Dann ist das ursprüngliche Problem größer als es vorher war.

 

Wann Ignorieren nichts bringt

Sie gehen spazieren, Ihr Hund düst in ein Feld, frisst Übles und hört nicht auf Ihren Ruf. Irgendwann haben Sie Ihren stinkenden Vierbeiner wieder, ärgern sich tierisch, leinen ihn an und gehen im Stechschritt nach Hause. Dort wird er „zur Strafe“  ignoriert. Das kann er nicht einordnen und das kann ihn deshalb auch verunsichern. In einem solchen Fall ist Ignorieren notfalls aber besser als den eigenen, verständlichen Ärger am Hund auszulassen. Aber es bewirkt nicht, dass er künftig besser auf Ihren Rückruf hört oder keinen Unrat frisst.   

 

Kürzlich las ich im Internet folgendes Beispiel: Wenn man zu seinem Hund „Platz“ sagt, er das aber nicht befolgt, solle man ihn ignorieren, dann würde er es machen. Den Hund würde ich gern sehen. Warum sollte der Vierbeiner sich hinlegen, wenn er etwa im Stehen oder Sitzen etwas total Interessantes sehen kann oder statt sich hinzulegen lieber ein Loch in die Wiese gräbt und sein Zweibeiner es dabei belässt?

 

Besondere Situationen

Manchmal kann Ignorieren ein „Notnagel“ sein, um sich die eigene „Machtlosigkeit“ nicht anmerken zu lassen.

Ein Beispiel: Der Vierbeiner verleibt sich 20 Meter entfernt gerade ein Stück alte Bananenschale ein, was zwar unappetitlich ist, aber nicht gefährlich. Wenn Sie jetzt schimpfend auf ihn zu gehen oder laufen, wird er das Weite suchen und währenddessen das Teil genüsslich fressen. Und nebenbei die für Sie ungünstige Erfahrung machen, dass er locker schneller ist als Sie. Häufige solche Situationen wirken sich durch die schlechte Laune des Zweibeiners zudem negativ auf die Beziehung Hund-Mensch aus. Deshalb ist es hier besser, so zu tun, als hätten Sie überhaupt nichts bemerkt (also keine Bewegung Richtung Hund, nichts sagen, ihn nicht anschauen), dann macht er diese Erfahrung nicht und Sie sind nicht frustriert, weil er entwischt ist. Am besten entfernen Sie sich flott. Das motiviert Ihren Vierbeiner nämlich dazu, Anschluss zu halten. Am Problem Unrat fressen muss dann separat gearbeitet werden.

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