Ganzjähriger oder saisonaler Juckreiz – welche Ursachen sind möglich?

Nicht immer steckt eine Allergie dahinter.

„Bestimmt hat er eine Allergie!“ Diese Vermutung äußern Hundehalter schnell, wenn sich ihr vierbeiniger Liebling auffällig viel juckt und kratzt. Grundsätzlich ist das nicht auszuschließen: Die Rate der Hunde mit allergischen Erkrankungen liegt bei über 30 Prozent, ähnlich wie beim Menschen. Beim Symptom Juckreiz, wissenschaftlicher Name Pruritus, muss der Therapeut aber an viele andere Ursachen denken. Auf die richtige Spur führt ihn unter anderem, zu welchen Jahreszeiten der Juckreiz den Hund heimsucht.

Yogi kratzt sich. Die Hinterpfote schubbert an der Schnauze und an der Brust, Yogi beißt sich in die Pfoten, er knabbert am Bauch und in den Leisten. Nicht einmal nachts kommt der kleine Malteser zur Ruhe. Frauchens Laune bewegt sich zwischen genervt und besorgt: „Letztes Jahr hatte er das auch ab April. Im Sommer wurde es besser und als es kühler wurde, hörte es glücklicherweise ganz auf“. Sie fragt sich, ob Yogi vielleicht die Wärme nicht verträgt.

Das aber ist die unwahrscheinlichste Erklärung für den Pruritus des kleinen Rüden. Wenn sich das quälende Problem so deutlich nur zu bestimmten Jahreszeiten zeigt, entsteht sofort der Verdacht auf eine Umwelt-Allergie, bei Hunden Atopie genannt. Beim Menschen würde sich diese vermutlich in Form von Heuschnupfen zeigen. Ja, auch Hunde reagieren allergisch auf Pollenflug. Symptome der Atemwege sind bei ihnen aber eher selten, sie entwickeln stattdessen Juckreiz, und zwar typischerweise an den Pfoten, in den Achseln und Leisten und an der Schnauze. Viele Hundehalter fragen dann nach einem Shampoo, um die Haut zu beruhigen. Das aber bringt nur wenig Erleichterung. Die Allergie entsteht im Innern des Körpers, sie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Stoffe. Deswegen ist eine äußere Behandlung nur bedingt hilfreich.

Anders verhält sich das bei einem weiteren Juckreiz-Auslöser, der nur in den wärmeren Monaten aktiv ist: der Grasmilbe. Sie wird auch Herbstgrasmilbe genannt, kann aber über den ganzen Sommer ein entsetzlicher Quälgeist sein. Nicht die erwachsene Milbe, sondern ihre Larven ernähren sich vom Blut verschiedener Säugetiere, darunter auch dem Hund. Manche ihrer vierbeinigen Opfer reagieren darauf mit heftigstem Juckreiz, vorwiegend am Kopf, an den Beinen und am Bauch. Für sehr empfindliche Hunde lohnt es sich daher, im Sommer Wiesen und Grasflächen zu umgehen. Haben sich die 0,3 Millimeter kleinen, grell orangefarbenen Larven aber festgebissen, kann man sie abwaschen und verschafft damit dem Hund sofortige Erleichterung.

Es gibt weitere Milben, die ganzjährig Pruritus beim Hund auslösen können. Bei Befall der Haarbalg- oder Demodexmilbe tritt Juckreiz als Folge der bakteriellen Hautinfektionen auf, die sich auf der beschädigten Haut entwickeln. Man sieht also Ekzeme schon, bevor der Hund sich kratzt. Die Demodikose gibt es häufiger als lokalisierte Form, angezeigt durch Veränderungen in nur wenigen kleinen Bereichen der Haut. Bei der selteneren, generalisierten Form breiten sich die Haarbalgmilben auf dem ganzen Körper aus – eine schwere Erkrankung, bei der meist ein gestörtes Immunsystem die Ursache ist.

Massiver Juckreiz ist das erste Anzeichen bei Befall durch Grab- oder Sarkoptesmilben. Überträger sind Füchse, gefährdet sind sogar Hunde, die in Kontakt mit Fuchsbauten oder –kot kommen können. Die Sarkoptes-Räude ist hoch infektiös, weswegen es schnell zur Ansteckung von Hund zu Hund kommt.

Milben zählen zu den Spinnentieren, wie auch Zecken. Diese sind in wärmeren Jahreszeiten aktiver als im Winter. Sie lieben vor allem das milde Klima im Frühjahr und Herbst, bei starker Sommerhitze sind sie weniger aktiv. Nur bei wenigen Hunden entsteht an der Bissstelle ein lokaler Juckreiz. Meistens merkt man einem Hund den Zeckenbefall nicht an. Dennoch sollte man ihn vor Zeckenbissen schützen, weil dadurch verschiedene Erkrankungen übertragen werden können.

Das Risiko, sich Flöhe einzufangen, ist zwar im Winter geringer als in den anderen Jahreszeiten, aber nicht ausgeschlossen. In gut geheizten Wohnungen hält sich auch die Flohbrut ganzjährig wacker. Deswegen ist es unumgänglich, bei Befall mit den Insekten nicht nur den betroffenen Hund, sondern auch seine Wohnumgebung zu behandeln. Wer glaubt, dass Flöhe immer Juckreiz auslösen, irrt: Manche Hunde beherbergen die Parasiten völlig unauffällig. Andererseits gibt es auf den Flohspeichel häufig allergische Reaktionen – und dann löst ein einziger Stich wochenlangen starken Juckreiz aus. Dieser lokalisiert sich vorwiegend im hinteren Rückenbereich bis zum Schwanzansatz und am Bauch.

Es gibt weitere Allergene, die ganzjährig vorhanden sind und das betroffene Tier ohne saisonale Pause leiden lassen. Dazu gehören Schimmelpilze und Hausstaubmilben, ebenfalls bekannte Auslöser für die atopische Dermatitis (Hautentzündung) des Hundes. Wenn sich die Erkrankten in der warmen Jahreszeit mehr außerhalb des Hauses aufhalten, kann sich die Juckreiz-Symptomatik entsprechend abschwächen.

Ganzjährig gleichbleibend ist eine Allergie-Symptomatik durch Futter oder Futtermilben. Neben quälendem Juckreiz kann auch eine therapieresistente Ohrenentzündung oder chronischer Durchfall auftreten. Ist durch einen Bluttest oder eine Ausschlussdiät erst einmal bekannt, welches Protein das Immunsystem des Hundes nicht toleriert, lässt sich dieses normalerweise gut vermeiden, so dass der Hund nachhaltig zur Ruhe kommt und Haut, Ohren und Darm ausheilen können. Bei einer Allergie auf Futtermilben empfiehlt sich der totale Verzicht auf sämtliche getrockneten Nahrungsmittel, neben Trockenfutter also auch Leckerli.

Zu den häufigeren ganzjährigen Juckreizauslösern gehört noch der Hautpilz (Dermatophytose), der Hunde mit geschwächter Immunabwehr befallen kann. Hier ist der Pruritus in der Regel wenig dramatisch, auffällig ist fleckförmiger Haarausfall im Gesicht oder an den Pfoten. Manche Hautpilze haben zoonotisches Potential, können also auch den Menschen infizieren. Zu enger körperlicher Kontakt sollte daher bei einer Dermatophytose vermieden werden.

Wer beim Lesen bis hierher durchgehalten hat, mag jetzt einsehen, dass die Frage nach der Ursache des Symptoms Juckreiz nicht leicht zu klären ist. Doch erst nach der Diagnose kommt die Therapie. Beim kleinen Malteser Yogi nahm Frauchen meinen Rat an und durchsuchte ihn auf Grasmilbenbefall. Dazu stellte sie den kleinen Rüden nach dem Spaziergang auf ein weißes Laken und bürstete ihn. Tatsächlich fielen einzelne kleine Punkte herunter, die aufgrund ihrer auffälligen orangen Farbe als Grasmilbenlarven identifiziert werden konnten. Um ihn zukünftig davor zu schützen, vermeidet Frauchen Rasenflächen und duscht Yogis Bauch und Beine nach jedem Gassigang ab.

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