Wie viel Beschäftigung für den Vierbeiner?

Unsere Hunde führen ein bequemes Leben. Das Futter steht pünktlich bereit, zwischen den Mahlzeiten gibt es leckere Häppchen, es gibt keine Gefahren abzuwehren und statt im selbst gegrabenen Bau wird auf weichen, gelenkschonenden Wellnessbetten geschlafen. Doch reicht dem Hund das?

Den meisten nicht. Und mal ehrlich – bei uns zwei Zweibeinern ist es nicht anders. Wer würde schon gern immer nur Faulenzen?  Da wir unseren Hunden alles abnehmen, müssen wir dafür sorgen, dass sie anderweitig etwas zu tun haben.

 

Was bedeutet Beschäftigung eigentlich?

Den Vierbeiner zu beschäftigen heißt, ihn zu fordern und zu fördern. Sowohl was Bewegung anbelangt, als auch durch „Gehirnjogging“. Eine Beschäftigung kann mit „Action“ verbunden sein, aber auch auf ruhige Art erfolgen. Letzteres heißt aber nicht automatisch, dass sie nicht anstrengend ist. Beschäftigen kann der Hund sich sowohl zusammen mit seinem Mensch, aber auch mal alleine. Letztlich geht es darum, dass der Vierbeiner Energie abbaut und so ausgeglichen und ausgelastet ist.

Unterschiedlichen Bedarf

Wie so oft, lassen sich auch hinsichtlich der Art und „Dosis“ an Beschäftigung nicht alle Hunde über einen Kamm scheren. Doch grundsätzlich gilt, dass weder zu wenig, noch zu viel Beschäftigung gut ist. Außerdem ist es wichtig, dass der Vierbeiner sinnvoll beschäftigt wird und er Spaß daran hat. Grundsätzlich sollte er sich einmal am Tag auspowern können, mental und/oder was Bewegung betrifft. Wobei es natürlich auch mal notwendig sein kann, dass der Hund einige Tage mit weniger Programm auskommt. Sei es, weil es der Alltag nicht anders zulässt oder man mal krank ist.  Hat der Vierbeiner gelernt, sich der jeweiligen Situation anzupassen, ist so eine „Durststrecke“ kein Problem.

Das Motto Qualität vor Quantität gilt auch bei der Beschäftigung des Vierbeiners. Es muss nicht mehrmals die Woche ein mehrstündiges Training auf dem Programm stehen wie Agility, Turnierhundesport oder was auch immer. Abwechslung und Gehirnjogging lassen sich auch zuhause und auf den Spaziergängen in kleineren oder größeren Einheiten einbauen.

Woran erkennt man denn, ob der Vierbeiner ausreichend beschäftigt ist? Das ist der Fall, wenn er  zuhause ausgeglichen und zufrieden ist. Fällt er nach der Beschäftigungseinheit aber fix und fertig sofort ins „Koma“, war es wahrscheinlich zu viel des Guten. Grundsätzlich braucht jeder Hund neben sinnvollen Aktivitäten auch ausreichend Ruhezeiten. Wenn ein aufgeweckter Vierbeiner ständig beschäftigt wird und Action hat, dann kann ihn das durchaus zum nervösen und hyperaktiven Workaholic machen. Dauerhaft zu wenig Beschäftigung schafft dagegen Langeweile und der Hund lässt sich in Haus und Garten selbst etwas einfallen und reagiert oft auch stärker auf bestimmte Reize. Dann kann es beispielsweise sein, dass er hinterm Zaun übermäßig bellt und entlang rennt, wenn Leute vorbei gehen, um Energie abzubauen. Draußen kann sich Unterforderung unterschiedlich bemerkbar machen. Etwa durch steigendes Interesse an sich bewegenden Objekten, wie Radfahrern oder  Joggern oder an Wildspuren und Tieren.

 

Welche Beschäftigung ist geeignet?

Zunächst hilft ein Blick auf die Rasse, bzw. bei Mischlingen, soweit bekannt, ein Blick auf die beteiligten Rassen. So braucht beispielsweise der Vertreter einer auf Leistung und Ausdauer gezüchteten Jagdgebrauchs- oder Hütehundrasse eine andere Art Beschäftigung und eine andere Intensität davon als ein Neufundländer oder eine Englische Bulldogge. Dennoch müssen auch „Workaholics“ abschalten können. So hat auch ein Border Collie, der als Hütehund im Einsatz ist, arbeitsfreie Zeiten. Genauso ist es mit auch mit Jagdgebrauchshunden. Hochleistung ist während der Jagdsaison sehr oft ganztägig gefragt, außerhalb muss auch weniger reichen. Auf der anderen Seite reicht es so manchem Vierbeiner wirklich, täglich nur ein paar Runden um den Block zu drehen. Das gilt vor allem für vierbeinige Senioren und solche, die von ihrem Naturell her generell ruhig und eher phlegmatisch sind. Hier heißt es herauszufinden, welcher Typ der eigene Vierbeiner ist.

Nasenarbeit

Der Geruchssinn ist einer der wesentlichen Sinne des Vierbeiners. Deshalb eignet sich Beschäftigung mit der Nase, also Suchen, für viele Vierbeiner sehr gut. Suchen erfordert Ausdauer und Konzentration. Zudem lässt es sich mit dem Anzeigen oder dem Bringen von Gegenständen kombinieren. Nicht jeder Hund ist gleichermaßen passioniert. Das ist aber kein Problem, denn Nasenarbeit lässt sich optimal auf die individuelle Veranlagung und Ausdauer abstimmen. Die Variationsbreite reicht vom einfachen Schnüffelteppich, in dem kleine Häppchen versteckt werden bis hin zur Suche nach dem Lieblingsball auf einer größeren Fläche mit hüfthohem Altgras usw. Wer mit seinem passionierten Suchenfreak nicht nur für sich und auf Spaziergängen trainieren möchte, kann z.B. Mantrailing, Fährtensuche oder Apportiertraining im Verein betreiben oder sich mit dem Vierbeiner in einer Rettungshundestaffel engagieren.

Gelände nutzen

Wer einen agilen, sportlichen Vierbeiner hat, trifft bei Spaziergängen leicht auf nützliche „Infrastruktur“. Am Boden liegende Baumstämme oder ähnliche Strukturen eignen sich beispielsweise super zum Balancieren oder um den Vierbeiner darüber springen zu lassen. Auf Baumstümpfen lässt sich konzentriertes Sitzen üben.  Oder nutzen Sie dickere Bäume oder Büsche, um sich unterwegs öfter gut zu verstecken. So ist der Hund damit beschäftigt, darauf Sie zu achten den Anschluss nicht zu verlieren und Sie gegebenenfalls zu suchen. Gehört er zu den bringfreudigen Exemplaren, legen Sie unterwegs beispielsweise sein Lieblingsspielzeug auf den Weg und gehen Sie samt Hund weiter. Nach wenigen Metern oder, je nach Typ und Ausbildung des Vierbeiners, einer weiteren Strecke schicken Sie ihn zurück, um den Gegenstand zu holen.

Gehorsamsübungen

Neben dem praktischen Nutzen dienen auch sie der Beschäftigung. Bei Fuß gehen durch unterschiedliches oder auch unwegsames Gelände, Rufen über Hindernisse (Gräben, liegende Baumstämme u.Ä.), ruhiges Sitzen unter hoher Ablenkung und ähnliche Übungen fordern Konzentration und Aufmerksamkeit. Wer ernsthafter in dieser Richtung aktiv werden möchte, findet mit seinem sportlichen Vierbeiner im Agility, beim Obedience oder im Turnierhundesport  und dergleichen verschiedene Möglichkeiten.

Bewegung

Jeder Vierbeiner sollte sich einmal am Tag „ausrennen“ können – seinen individuellen Bedürfnissen  entsprechend. Ein sportlicher Vierbeiner kann seinen ebensolchen Zweibeiner zum Beispiel in geeignetem Gelände beim Joggen oder auf Wanderungen zu begleiten. Meine Hündin liebt es, wenn ich mit dem Rad fahre und sie frei mit- bzw. meist vorausrennen kann – natürlich nur abseits von Straßen mit Autoverkehr.  Auch gelegentliches echtes Spielen (nicht Mobben oder Jagen) mit einem vierbeinigen Freund macht müde.

Besser nicht

Eine bei vielen Zweibeinern beliebte Beschäftigung ist es, dem Hund immer wieder einen Ball oder Stock zu werfen, dem er dann hinterher rennen darf. Es gibt regelrechte „Junkies“  unter den Vierbeinern, die total darauf versessen und regelrecht „süchtig“ danach sind. Was auf den ersten Blick als tolle Beschäftigung aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als suboptimal und kann sogar gefährlich sein. Denn das ständige, „hemmungslose“ Verfolgen eines fliegenden (sich also schnell bewegenden) Gegenstandes ist nichts anderes als Jagen und verschafft dem Hund einen Kick, den man eigentlich nicht möchte. Der sensibilisiert ihn nämlich leicht dafür, auch anderen sich schnell bewegenden Objekten und auch Lebewesen hinterher zu rennen. Geworfene Stöcke bergen zudem ein hohes Verletzungsrisiko.

 

Den Hund einschätzen

Wenn Sie Ihren Vierbeiner richtig einschätzen, finden Sie verschiedenste Möglichkeiten, ihn so zu beschäftigen, dass er seine Anlagen in „geordneten Bahnen“ ausleben kann und körperlich, wie auch mental gefordert und gefördert wird – ohne aber überfordert zu sein. Gemeinsame Unternehmungen, bei denen der Hund mit Ihnen zusammenarbeitet, fördern zudem die Bindung zwischen Ihnen und Ihrem vierbeinigen Freund. Beste Vorrausetzungen also für ein harmonisches Zusammenleben!

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